Gedanken zur Jagd im postfaktischen Zeitalter

Wenn die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wort „postfaktisch“ jetzt zum „Wort des Jahres“ erhebt, kann man sich als Jäger freuen oder wundern. Die Tatsache an sich, nämlich abseits von erwiesenen und belegbaren Fakten zu argumentieren ist etwas, mit dem Jäger schon lange zu tun haben.

So ging mit das neulich auch. Ich kaufte in einem Geschäft in Altwarmbüchen etwas ein und bat darum, mir das Paket etwas hübsch als Geschenk einzupacken. Das sollte durch das Personal gern geschehen gegen eine Spende für eine mir nicht näher bekannte Wildtierhilfsorganisation.
Mit den Worten: „Da bin ich nicht der richtige Empfänger einer solchen Botschaft,“ erklärte ich der Mitarbeiterin dass ich Jäger bin und das Wild unter den Hegeschutz des Jagdgesetzes fallen würde. Sie daraufhin: „Die Jäger hier schießen alle Rehe und Fasanen tot. Man sieht und hört überhaupt keine mehr wenn man draußen spazieren geht.“ Das konnte ich nicht so stehen lassen. „Fasanen werden in Isernhagen schon seit vielen Jahren nicht mehr bejagt,“ erklärte ich ihr. An den Jägern kann es also definitiv nicht liegen wenn man sie in unserer Feldmark nicht mehr so häufig hört oder sieht. Das machte allerdings bei ihr keinen Eindruck. „Die lauern doch immer im Wald herum und schießen auf alles.“

Reichlich postfaktische Argumentation, dachte ich so bei mir. Also machen wir es mal konkreter bei den Rehen: Ricken, die weiblichen Rehe, setzen in der Regel jedes Jahr zwei Kitze. Davon überleben nicht alle aber man kann je nach Art des Reviers von einer Zuwachsrate von 80-120 % der Ricken ausgehen. Um die Anzahl der Rehe konstant zu halten müssen diese eben geschossen werden. Man kann sie ja schließlich nicht alle mit dem Auto überfahren. Diese Abschusszahlen sind jährlich im behördlich festgesetzen Abschußplan definiert und müssen von den Jägern erfüllt werden. Ansonsten gibt es Sanktionen gegen den verantwortlichen Revierinhaber. Eine natürliche Begrenzung des Zuwachses gibt es bei Rehen nicht. Es sei denn man setzt gerade hier in Isernhagen auf den Verkehrstod oder wildernde Hunde. Als ich der Mitarbeiterin auch noch erzählte, dass verantwortungsbewußte Jäger auch das Rehwild schießen, das sich regelmäßig am Strassenrand aufhält, war sie noch mehr verwirrt. Auf diese Art ist die Zahl der überfahrenen Rehe z.B. an der K 114 in den letzten Jahren deutlich gesenkt worden. Dazu gehören natürlich noch begleitende andere Massnahmen wie das Vermeiden von Deckungsmöglichkeiten am Strassenrand und einiges andere. Ob meine Fakten etwas an der Einstellung der Verkaufsmitarbeiterin ändern weiß ich nicht. Oft schlägt Bauch eben Gehirn aber ich hab es versucht.

Inzwischen hatte die Kollegin mein Paket hübsch eingepackt. Ich sagte ein herzliches Dankeschön doch zu einer Spende an eine mir nicht bekannte Wildtierhilfsorganisation konnte ich mich nicht durchringen. Dazu war mir das alles zu postfaktisch.

 

C. Schröder,
Mitglied im Hegering Isernhagen