Ein plötzlicher Kälteeinbruch, eine geschlossene Schneedecke wie aktuell in Norddeutschland: Harte Zeiten für Habicht, Sperber, Turmfalke und Co.. Hungrig verlieren Greifvögel ihre natürliche Scheu vor menschlichen Behausungen, Autobahnen oder Zugtrassen: Sie kontrollieren vermehrt Böschungen von Straßen nach verunfallten Kleintieren oder beginnen in Taubenschläge einzubrechen. Oft kollidieren sie dann mit Fahrzeugen oder Fensterscheiben und werden verletzt oder extrem geschwächt aufgegriffen. Schnelle und fachkundige Hilfe bieten spezialisierte Tierärzte, Jäger und Falkner. Sie betreiben deutschlandweit ehrenamtlich Stationen, die sich der Pflege verunfallter oder ausgehungerter Greifvögel sowie der Aufzucht verwaister Jungvögel verschrieben haben. Die Arbeit dieser Stationen haben Deutscher Jagdverband (DJV) und Deutscher Falkenorden (DFO) in einem kurzen Film zusammengefasst. Da sich die Pflegestellen fast ausschließlich über Spenden finanzieren, rufen beide Verbände jetzt zu Spenden auf.
Die Auffangstationen leisten einen immensen Beitrag für den Erhalt der Artenvielfalt: Neben ganz alltäglichen Patienten wie Turmfalke, Mäusebussard oder Waldkauz werden auch seltenere Arten wie Rohrweihe, Uhu oder Wanderfalke betreut. Hochleistungssportler unter den Greifvögeln wie Habicht oder Wanderfalke, die bei der Jagd nach ihrer Beute ständig Spitzenleistungen erbringen müssen, benötigen nach der Genesung ein spezielles Training, um erfolgreich ausgewildert werden zu können. Denn erwachsenen Vögeln fehlt schon nach wenigen Tagen verordneter Ruhe die körperliche Fitness. Laut einer aktuellen tierärztlichen Empfehlung (der Amtstierarzt 1/2015) bedürfen die Patienten „(…) vor der Auswilderung eines speziellen Fitnessprogrammes. Die Kenntnisse über die angemessene Haltung und die Steigerung der Fitness besitzen erfahrene Falkner.“
„Wenn Spaziergänger jetzt einen verletzten oder ausgehungerten Greifvogel auffinden, sollten sie den Vogel unter Zuhilfenahme einer Jacke aufnehmen. Zum Weitertransport eignet sich ein geschlossener Umzugskarton mit kleinen Luftlöchern, um den Patienten ruhig zu stellen, jedoch nie ein Käfig! Sehen die Vögel Licht, versuchen sie zu fliehen und verletzen sich vielleicht“, empfiehlt die Greifvogel-Expertin Sylvia Urbaniak von der Greifvogelhilfe Rheinland NRW. Und das Allerwichtigste: „Nicht füttern!“ Urbaniak und ihr Partner Frank Seifert, ein erfahrener Falkner, haben im vergangenen Jahr weit über 100 Greifvögel und Eulen betreut. Der geschwächte Vogel sollte sofort zu einem spezialisierten Veterinär. Tierarztpraxen verzichten bei Wildgreifvögeln und Eulen meist auf das Erheben von Behandlungskosten. Adressen im gesamten Bundesgebiet listet die Seite www.vogeldoktor.de.
Hans-Albrecht Hewicker, Vorsitzender des Deutschen Falkenorden: „Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz sagte schon 1973, die einzige Methode, Greifvögel nach Haltung in Menschenhand dem Freileben wieder zurückzugeben, bestehe darin, sie nach allen Regeln der alten Falknerkunst „abzutragen“. Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Falkner, kranke, verunfallte oder sonst in Menschenhand geratene Greifvögel aufzunehmen, gesundzupflegen und, nachdem sie für das Überleben in Freiheit wieder fit gemacht wurden, der Natur zurückzugeben. Ich bin froh und dankbar, dass so viele unserer Mitglieder sich dieser Aufgabe mit Hingabe widmen.“
Quelle: DJV